ERC Advanced Grant für Professor Andreas Herrmann

Der Wissenschaftliche Direktor der DWI erforscht eine neue Technologieplattform zur Steuerung der Aktivität von Genen, Proteinen und pharmazeutischen Wirkstoffen durch biokompatiblen Ultraschall. Bereits 2016 ist es ihm gelungen, einen ERC Advanced Grant einzuwerben.

Licht ist ein weit verbreiteter Auslöser, um die Aktivität von Arzneistoffen und die Funktion von Proteinen zu steuern. Aus der Kombination von Optik und Genetik bzw. Pharmakologie haben sich neue Forschungsund Anwendungszweige etabliert: die Optogenetik und die Photopharmakologie. Techniken aus beiden Forschungsfeldern haben vielversprechende neue Therapiemöglichkeiten, die Aufklärung von Hirnfunktionen oder ein tieferes Verständnis neuronaler Erkrankungen hervorgebracht. Allerdings gibt es Einschränkungen, die große Fortschritte in diesen Bereichen stark behindern: das Licht kann nicht in tiefer liegende Gewebeschichten eindringen, um dort seine Wirkung zu entfalten.

Hier wird die nun durch den ERC Advanced Grant geförderte Forschung von Andreas Herrmann, Wissenschaftlicher Direktor des DWI - Leibniz-Institut für Interaktive Materialien und Inhaber des Lehrstuhls für Makromolekulare Materialien und Systeme an der RWTH Aachen ansetzen: Im Gegensatz zu Licht bzw. Photonen kann Ultraschall tief in das Gewebe eindringen. Mit einer Auflösung im Submillimeterbereich verspricht dies neue Anwendungsmöglichkeiten und Andreas Herrmann konnte bereits zeigen, welches Potenzial dieses Forschungsfeld birgt.

Mit seinem Team möchte er nun neue Kontrollsysteme zur Aktivierung von Wirkstoffen auf Basis von Nukleinsäuren wie DNA entwickeln, die auch in tieferen Gewebeschichten des Körpers therapeutisch aktiv sein können. Die Wissenschaftler*innen werden dazu bestimmte DNA-basierte Trägersysteme so konzipieren, dass sie mit bioaktiven Substanzen beladen werden können und für Ultraschall empfindlich sind. Bei Ultraschallbestrahlung setzen diese Träger die geladenen bioaktiven Substanzen frei und die Arzneistoffe werden aktiviert, um beispielsweise Zellfunktionen zu steuern. ,,Wir sprechen hier von Ultraschall, wie er im klinischen Umfeld eingesetzt wird und für Zellen oder Gewebe nicht schädigend ist", erklärt Andreas Herrmann. ,,Unser Ziel ist es, die Technologie der Diabetesforschung, Krebs-Immuntherapie und Gewebeerneuerung zu Nutze zu machen."

Das Team von Andreas Herrmann kann seine Forschungsarbeiten im Rahmen der ERC-Förderung für die nächsten fünf Jahre intensiv verfolgen. Dazu erhält er vom Europäischen Forschungsrat, dem European Research Council (ERC), im Rahmen des ERC Advanced Grant 2,5 Millionen Euro für sein Projekt ,,Remote controlling biological systems by sonopharmacology and sonogenetics" (SONOPHARMAGEN).
Andreas Herrmann ist es damit gelungen, seinen dritten ERC Grant einzuwerben: 2016 erhielt er bereits seinen ersten ERC Advanced Grant, im Jahr 2009 einen ERC Starting Grant. Die ERC Advanced Grants sind Teil des EU-Programms Horizon Europe und richten sich an etablierte Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher. Der Grant gehört zu den prestigeträchtigsten und kompetitivsten wissenschaftlichen Auszeichnungen und Instrumenten der EU-Forschungsförderung.

Die Basis des neuen Systems zur Aktivierung von Wirkstoffen hat Andreas Herrmann als leitender Wissenschaftler mit seinem Kollegen Robert Göstl entwickelt. 2021 veröffentlichten sie erstmals ihre Technologie im renommierten Fachjournal Nature Chemistry. Erprobt haben sie sie unter anderem an herkömmlichen Antibiotika, Krebstherapeutika und Arzneimitteln zur Blutgerinnung. Seine Motivation: Andreas Herrmann möchte medizinische Behandlungen so präzise und kontrollierbar wie möglich gestalten, um eine Verabreichung der Wirkstoffe ,,am Ort des Geschehens" im Körper zu erzielen.

Viele Medikamente wie Antibiotika oder Krebstherapeutika unterliegen der systemischen Anwendung, welche mit starken unerwünschten Nebenwirkungen und Schäden für die Patient*innen verbunden ist. Mit seiner Forschung möchte Andreas Herrmann die Pharmakotherapie revolutionieren und systemische Nebenwirkungen vermeiden. Darüber hinaus sollen sich Therapien durch spezifische räumlich-zeitliche Freisetzung und Aktivierung der Wirkstoffe optimieren lassen. Mit seiner Arbeit möchte er zur Etablierung des neuen Forschungsgebiets der sogenannten ,,Sonopharmakologie" beitragen.