Lisa Thiesmann ist Projektkoordinatorin im Baudezernat

Der Sommer ist noch lange nicht vorbei, doch dieser Tag könnte in einigen Wochen als einer der heißesten des Jahres in die metereologischen Geschichtsbücher eingehen. Die Hoffnung, hitzefrei zu bekommen, dürfen sich aber nur Schülerinnen und Schüler machen. Normale Beschäftigte müssen sich mit der Hitze irgendwie arrangieren. Die einen stellen ihre Ventilatoren auf Maximalumdrehungen, andere dunkeln ihre Fenster ab, ein gefülltes Wasserglas steht fast auf jedem Schreibtisch immer in Reichweite. Das gilt auch für Lisa Thiesmann, die im Dezernat 7, in dem es ums Planen, Bauen und das strategische Flächenmanagment geht, arbeitet. Bisher hat die Architektin, die als Projektkoordinatorin in der Abteilung "Planen und Bauen" angestellt ist, den Vormittag in ihrem Büro verbracht, das im Vergleich zur heißen Außenluft verhältnismäßig kühl wirkt. Doch auch Lisa Thiesmann wird heute noch ins Schwitzen kommen...

Bei Lisa Thiesmann laufen viele Fäden rund ums Bauen an der Universität zusammen. Bei den meisten Projekten ist der BLB Bauherr und Eigentümer. Lisa Thiesmann Übernimmt deswegen die uniseitige Koordination großer Neubauten oder Sanierungen, etwa ein Anbau am Gebäude Geo 1 mit Lehrflächen für die Neuround Verhaltensbiologie und Landschaftsökologie und für das gesamte Institut der Planetologie. Auf dem Zettel ihrer Abteilung stehen auch der geplante Neubau der Physik, der Chemie oder der Hüffercampus an der Robert-Koch-Straße, auf dem die Universität den "Campus der Theologien und Religionswissenschaften" errichtet.
Nicht selten vereinbaren künftige Professorinnen und Professoren in ihren Berufungsverhandlungen mit der Universität Um- oder Anbauten - oder die Nutzung von Laborflächen. Wie im Fall von Wolfgang Zeier beispielsweise, der im Institut für Anorganische und Analytische Chemie arbeitet. Nachdem eine Machbarkeitsstudie positiv ausgefallen war, stimmte Lisa Theismann mit ihm und seinem Arbeitskreis (AK) den konkreten Bedarf ab. Welche Ausstattung und Eigenschaften braucht der Raum in der Corrensstraße, um die bestmögliche Forschung zu ermöglichen? Mit den Ergebnissen im Gepäck setzte sich Lisa Thiesmann schließlich mit dem BLB an einen Tisch. Bis zum Umbau folgt die Phase der Phasen, präziser der "Leistungsphasen", wie Lisa Thiesmann sie nennt - die Entwurfsund die Genehmigungsphase, die Ausführungsplanung und die Bauausführung.

Viele der Schritte finden auf dem Papier, per E-Mail oder per Zoom statt. "Vor allem durch Corona hat die Nutzung von Zoom sehr zugenommen", erklärt Lisa Thiesmann. "Das hat sich inzwischen etabliert und bringt einige Vorteile mit sich: Nicht nur wir sparen uns Wege, sondern auch die Planer oder Architekten, die etwa in Düsseldorf oder Köln sitzen." Von Vorteil sei auch, dass jeder seinen eigenen Bildschirm vor sich und so einen unverstellten Blick auf die Pläne habe. "Teilweise zeichnen die Planer während der Besprechung am Bildschirm mit, und wir können die Änderungen live mitverfolgen und kommentieren", berichtet die Architektin.
Doch auch der Kontakt vor Ort sei wichtig. Also macht sich Lisa Thiesmann - Hitze hin, Hitze her - an diesem Tag auf ins Institut in der Corrensstraße, wo sie Dr. Marvin Kraft aus dem AK Zeier und den Kustos Dr. Michael Faust trifft. Jetzt wird es erneut konkret, jetzt geht es darum, was auf den Laborflächen im Untergeschoss und im zweiten Stock in den kommenden Monaten passieren soll. Eine besondere und gewichtige Herausforderung stellt das "Röntgenphotoelektronenspektrometer" dar. Einfach durch den Hausflug ins Labor tragen - das funktioniert in diesem Fall nicht. Dafür muss im Obergeschoss sogar die Fassade geöffnet werden.

Die Masse des Geräts, mit dem die AG die Energie von Elektronen misst und so beispielsweise einen Beitrag zur Entwicklung effizienterer und sicherer Batteriematerialien liefern möchte, zieht statische Berechnungen nach sich. Zu den weiteren Bauabschnitten zählt die Installation einer Schleuse am Laboreingang und einer besonderen Klimaannlage. Nur so ist es möglich, ein Präzisionsklima zu erzeugen und zu erhalten. Im Untergeschoss entsteht eine weitere Laborfläche für ein Rasterelektronenmikroskop. Der Ort ist entscheidend, da das Gerät schwingungsfrei arbeiten muss. Eine "baudynamische Untersuchung" ergab, dass neben den Erdund Gebäudebewegungen selbst akustische Schwingungen reduziert werden müssen. Wer Lisa Thiesmann und den Experten vom Institut zuhört, der bekommt hautnah einen Eindruck davon, wie komplex der Job der Architektin ist. Denn all die Anforderungen müssen nicht nur erfasst und bedacht werden; bei jeder Entscheidung gilt es, die Folgen beziehungsweise die "Nebenwirkungen" zu berücksichtigen.
Es würde zu kurz greifen, würde man Lisa Thiesmann "nur" als Architektin und Projektkoordinatorin wahrnehmen. Sie ist auch, möglicherweise sogar vor allem eine Vermittlerin. Dabei scheint sie großes Verständnis für verschiedene Belange zu haben. "Jeder von uns hat seine eigenen Perspektiven und Bedürfnisse", erklärt sie. Ihr Verständnis hält Lisa Thiesmann aber nicht davon ab, Konflikte auszuhalten und Interessen zu wahren oder durchzusetzen: die ihrer eigenen Abteilung, die der Universität, vor allem aber die des Nutzers. "Der Nutzer steht über allem", sagt sie.

Lisa Thiesmann, seit 2012 an der Universität Münster beschäftigt, sucht sich bewusst die besonders herausfordernden Projekte am naturwissenschaftlichen Zentrum aus. Was sie daran reizt, ist die Komplexität. Der nächste Termin unterstreicht, wie herausfordernd es dabei mitunter zugeht. Dafür geht es zu Fuß vom Chemiegebäude rüber ins Center for Nanotechnology (CeNTech) in der Heisenbergstraße. Mit Alexander Fuhrich, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe von Martin Salinga am Institut für Materialphysik, besichtigt sie eine weitere Baustelle. Anders als die Baustelle in der Chemie, handelt es sich beim Projekt im CeNTech um eine sogenannte Eigenbaumaßnahme, bei der die Universität Münster die Hoheit über die Planung und Ausführung hat. "Bei diesem Projekt gibt es eine enge Zusammenarbeit mit einem externen Ingenieurbüro der technischen Gebäudeausrüstung und den Versorgungssowie Elektroingenieuren der Uni. Das funktioniert ausgezeichnet", erklärt Lisa Thiesmann.

Lisa Thiesmann mag ihren Job. Sie mag den Umgang mit Menschen und begeistert sich für die technischen Aspekte ihres Berufs. "Es ist spannend, Einblicke in die Wissenschaft zu bekommen. Mir ist es wichtig, dass ich Forschung und Lehre mit meiner Arbeit an der Universität Münster ermögliche", unterstreicht sie und macht sich an diesem heißen Tag mit dem Rad zurück in Richtung Büro auf, wo die Koordinierung der vielfältigen Baustellen weitergeht.