Im Zeitalter der Superdiversität

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Nima ist eine Zongo-Wohnstadt in der Region um Accra in Ghana. Dieses Bild entst
Nima ist eine Zongo-Wohnstadt in der Region um Accra in Ghana. Dieses Bild entstand am 15. April 2024 während eines Forschungsaufenthaltes vor Ort. © Jamila Hamidu / MPI zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften

Da die Gesellschaften rund um den Globus immer vielfältiger werden, erfordert die Dynamik der Migration ein differenzierteres Verständnis. Das von Steven Vertovec entwickelte Konzept der "Superdiversität" fasst das komplexe Zusammenspiel der Faktoren zusammen, das aktuelle menschliche Migration und die daraus resultierenden Folgen bestimmen. Der Sozialanthropologe zeigt auf, dass Migration ein vielschichtiges Phänomen ist, das von wirtschaftlichen, sozialen, politischen, demografischen und Ökologischen Kräften beeinflusst wird.

Ein Beitrag von Steven Vertovec

In der heutigen vernetzten Welt ist die Migration komplexer denn je. Die Superdiversität spiegelt die tiefgreifende Diversifizierung der Prozesse wider, der sozialen und rechtlichen Kategorien und der daraus resultierenden gesellschaftlichen Bedingungen, welche die heutige globale Migration ausmachen. Die derzeitigen Mobilitätsmuster der Menschen werden durch eine Reihe von Faktoren bestimmt, darunter politische Instabilität, Unsicherheit, Gewalt, mangelnde wirtschaftliche Möglichkeiten, Familienzusammenführung, Bildungsbestrebungen und zunehmend auch vom Klimawandel. Das Verständnis dieser vielfältigen Stimuli und ihrer Zusammenhänge ist von entscheidender Bedeutung für die Bewältigung dieser neuen Ära der menschlichen Mobilität.

Aktuelle Migrationsstatistiken

Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) gibt es derzeit etwa 281 Millionen Migrantinnen und Migranten weltweit. Das macht 3,6 Prozent der Weltbevölkerung aus. 51,9 Prozent unter ihnen sind Männer, 49,4 Prozent Frauen. Nach der Covid-19-Pandemie, welche die weltweite Migration vorübergehend zum Erliegen brachte, stieg die Zahl der Migrantinnen und Migranten wieder deutlich an. Auch die Binnenmigration hat in den letzten zwanzig Jahren dramatisch zugenommen: Schätzungen gehen davon aus, dass inzwischen mehr als zwei Milliarden Menschen innerhalb ihres eigenen Landes -umziehen-. Die Entscheidung zur Migration wird häufig durch eine Kombination verschiedener Ursachen beeinflusst, was die Notwendigkeit eines umfassenden Verständnisses der Ursachen unterstreicht.

Die komplexe Natur der Migration

Migration ist nur selten eine singuläre Reaktion auf einen einzigen Faktor. Vielmehr handelt es sich um eine Mischung aus verschiedenen Einflüssen, darunter politische Instabilität, wirtschaftliche Notwendigkeiten, soziale Faktoren, demografischer Druck und Umweltveränderungen. Diese Einflüsse interagieren auf verschiedene Weise, treiben sich gegenseitig an und verstärken sich. So können beispielsweise politische Korruption und Gewalt die wirtschaftlichen Ungleichheiten verschärfen, die wiederum durch die Verschlechterung der Umwelt verschlimmert werden können. Migrationsentscheidungen beinhalten auch Überlegungen zur Zeit (wann man umzieht), zur Geografie (wohin man umzieht) und zur Selektivität (wer umzieht).

Klimawandel und Migration

Der Weltklimarat (IPCC) weist darauf hin, dass Klimagefahren in Verbindung mit extremen Ereignissen direkt zu unfreiwilliger Migration und Vertreibung führen können, während Migration auch indirekt durch die Verschlechterung der klimasensiblen Lebensgrundlagen entstehen kann. Dies sind nicht nur erhebliche Bedenken im Hinblick auf eine mögliche Zukunft des Klimawandels. In den letzten Jahren kam es in vielen Teilen der Welt zu groß angelegten Vertreibungen, die durch klimaund wetterbedingte Katastrophen ausgelöst wurden, unter anderem in der afrikanischen Sahelzone, in Pakistan, auf den Philippinen, in China, Indien, Bangladesch, Brasilien und Kolumbien.

Schätzungen zu so genannten "Klimamigranten" gehen weit auseinander. Prognosen gehen davon aus, dass bis 2050 zwischen 200 Millionen und 1,4 Milliarden Menschen aufgrund der Klimakrise umgesiedelt werden müssen. Umweltveränderungen, darunter plötzlich auftretende Katastrophen wie Überschwemmungen und langsam eintretende Ereignisse wie Dürren und der Anstieg des Meeresspiegels, verschärfen die bestehende Situation.

Zwischen 2008 und 2021 wurden fast 350 Millionen Menschen aufgrund von schnell eintretenden Umweltereignissen vertrieben, wobei etwa sechs Millionen dauerhaft umgesiedelt wurden und einige nach Naturkatastrophen internationale Grenzen Überschritten.

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