Am 25. April ist Welt-DNA-Tag. Chemiker Nils Flothkötter gibt aus diesem Anlass Einblick in seine Dissertation zum Ladungstransfer in DNA
Die Molekularbiologen James Watson und Francis Crick veröffentlichten am 25. April 1953 eine Arbeit, in der sie die Doppelhelix-Struktur des Erbguts aller Lebewesen, der DNA, entschlüsselten. Seit 2003 erinnert der Welt-DNA-Tag an diese Publikation und an weitere bahnbrechende Arbeiten von Maurice Wilkins, Rosalind Franklin und anderen Wissenschaftlern. Der Chemiker Dr. Nils Flothkötter setzte sich während seiner Promotion in der Arbeitsgruppe von Jens Müller am Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Universität Münster ebenfalls mit DNA auseinander - allerdings nicht unter biologischen Gesichtspunkten, sondern im Hinblick auf die Frage, ob DNA in Zukunft als Bauteil in miniaturisierten elektronischen Geräten genutzt werden könnte. Darüber sprach er anlässlich des Welt-DNA-Tages mit Christina Hoppenbrock.Wie kommt man auf die Idee, DNA in elektronischen Bauteilen zu verwenden? In der Natur hat DNA doch gar nichts mit Stromleitung zu tun...
Das stimmt. Entscheidend ist ihre Struktur: Die DNA, die wir für die Forschung genutzt haben, liegt als Doppelstrang vor. So ist es hauptsächlich auch bei der natürlich verfügbaren DNA. Diese Struktur ähnelt auf einer molekularen Ebene einer Art Draht. Wenn es nun möglich wäre, diese natürlich vorgefertigte Struktur als Leiter zu nutzen, wäre es der -dünnste Draht der Welt’. Allerdings kann man DNA allgemein eher als Isolator betrachten. Während meiner Promotion habe ich mich daher damit befasst, die DNA für Anwendungen zugänglich zu machen, in denen sie als Leiter benutzt werden kann.
Wie funktioniert das?
Ich habe verschiedene Metallionen in die DNA eingefügt, da die Metalle und viele Metallkomplexe in der Lage sind, Elektronen zu leiten. Dafür habe ich künstliche Nukleobasen synthetisiert, die Silber-, Kupferund Quecksilber-Ionen binden können, und diese als Nukleoside, also in Verbindung mit einem Zuckermolekül, in die DNA-Stränge eingebaut. Ich habe mich dabei auf Strukturen fokussiert, die sich mit Silber-, Kupferund Quecksilber-Ionen verbinden können und untersucht, ob die Aufnahme dieser Übergangsmetall-Ionen die Elektronenleitfähigkeit beeinflusst.
Tatsächlich kann man die Elektronenleitfähigkeit speziell durch die Inkorporation von Silber-Ionen in die artifiziellen DNA-Stränge deutlich erhöhen. Allerdings kann man die DNA leider auch nach der Einbringung der Übergangsmetall-Ionen noch nicht als Leiter betrachten.
Also ist der Einsatz von DNA in elektronischen Geräten noch Zukunftsmusik?
Genau. Ich könnte mir für die Zukunft am ehesten eine Nutzung bei dem Design und Betrieb molekularer Maschinen oder Magneten vorstellen. Einer Nutzung bei größeren Maschinen im Alltag stehen noch zu viele Schwierigkeiten im Weg. Problematisch ist beispielsweise die Stabilität der Stränge. Nach einiger Zeit zersetzen sich die DNA-Stränge, speziell im flüssigen Medium.
Sie arbeiten inzwischen als Postdoktorand im MEET Batterieforschungszentrum. Ist die DNA weiterhin ein Thema für Sie?
Im Projekt ,BIOSTORE’, an dem ich beteiligt bin, geht es um die Biologisierung der Batterie beziehungsweise ihrer Bestandteile. Leider ist die DNA-Forschung noch nicht ausgereift genug, um diese Makromoleküle in einer Batterie zu verwenden. Ich könnte mir vorstellen, dass es zudem große Probleme mit der Stabilität gäbe. Allerdings befassen wir uns bei dem Projekt weiterhin mit der Nutzung biobasierter Materialien, beispielsweise Polysacchariden, und deren Einfluss auf die Leistung der Batterie. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich mein Wissen über die DNA nutzen und diese Strukturen in eine Batteriezelle einbringen könnte. Allerdings habe ich meine Zweifel, ob dies in naher Zukunft möglich sein wird.
Über die Dissertation "Charge Transfer through DNA with Metal-Mediated Base Pairs"
Nils Flothkötter hat sich mit dem lichtinduzierten Ladungstransfer durch DNA auseinandergesetzt und bewertete dessen Effizienz. Hierzu stellte er artifizielle Nukleobasen her und integrierte sie in DNA-Stränge. Eine dieser künstlichen Nukleobasen setzt exakt ein Elektron pro Strang frei, nachdem sie mit Licht einer bestimmten Wellenlänge bestrahlt wurde. Dieses Elektron wird durch die natürlichen und/oder metallvermittelten Basenpaare geleitet, bis es eine Art Falle erreicht. Diese Falle ist eine andere artifizielle Nukleobase, die bei der Aufnahme eines Elektrons zersetzt wird. Anhand des Grades der Zersetzung in Abhängigkeit der Bestrahlungszeit berechnete Nils Flothkötter die Effizienz und eine Geschwindigkeitskonstante für die Reaktion.
Im zweiten Teil seiner Arbeit charakterisierte er DNA-Filme auf Goldelektroden-Oberflächen anhand elektrochemischer Techniken. Hierzu stellte er artifizielle DNA-Stränge her, die neben den metallvermittelten Basenpaaren beziehungsweise Fehlpaaren über einen sogenannten Linker verfügen. Dieser Linker ermöglicht es, die Doppelstränge auf den Goldelektroden-Oberflächen zu immobilisieren und anschließend den Einfluss der Formierung der metallvermittelten Basenpaare sowie deren Position in den Doppelsträngen im Hinblick auf ihre elektrochemischen Eigenschaften zu untersuchen. Nils Flothkötter untersuchte, wie sich der Einfluss der Metallionen im DNA-Film auswirkt, ob die Elektronen auch bei diesem Aufbau durch die Stränge geleitet werden und ob Eigenschaften wie beispielsweise die Schichtdicke einen Einfluss haben.