Tony-Sale-Preis für Rojas’ Beiträge zur Geschichte der Informatik
Der Informatik-Professor Raúl Rojas von der Freien Universität Berlin hat eine hohe Auszeichnung der britischen Computer Conservation Society erhalten. Die Gesellschaft - ein gemeinsamer Verein der British Computer Society und des Wissenschaftsmuseums in London - ehrte Rojas in der britischen Hauptstadt mit dem Tony-Sale-Preis 2014. Gewürdigt wurden Rojas’ herausragenden Beiträge zur Geschichte der Informatik, insbesondere in Bezug auf die technische und theoretische Rekonstruktion bedeutender Rechenmaschinen. Mitpreisträger ist Robert Garner vom Museum für Computergeschichte in Kalifornien.
Prof. Rojas entschlüsselte in den Jahren 2012 und 2013 als erster Wissenschaftler die Architektur und Funktionsweise der Rechenmaschine Z1 des Computerpioniers Konrad-Zuse. Die Ergebnisse wurden veröffentlicht. Der Berliner Erfinder Zuse hatte zwischen 1936 und 1938 die mechanische Z1 in der Wohnung seinen Eltern in Kreuzberg gebaut. Es war die erste programmierbare Rechenmaschine der Welt. Das Original ging allerdings bei einem Bombenangriff über Berlin verloren, sodass Zuse in den achtziger Jahren eine Rekonstruktion der Maschine, zusammen mit dem Museum für Verkehr und Technik, in Angriff nahm. Die rekonstruierte Z1 wurde 1989 eingeweiht und steht heute in der Abteilung zur Computergeschichte des Berliner Technikmuseums. Allerdings hinterließ Konrad Zuse keine fachliche Erläuterung der Funktionsweise der mechanischen Komponenten der Z1. Mit seinem Tod 1995 ging das Geheimnis der Funktionsweise und Interaktion der Tausenden von Komponenten der Z1 weitgehend verloren.
Raúl Rojas hat 1994 von Konrad Zuse die Patentanmeldung für die Rechenmaschine Z3 erhalten, der Nachfolger der mechanischen Z1. Die Z3 wurde mit Telefonrelais gebaut. Von dieser Maschine wurde 2001 an der Freien Universität Berlin, in Zusammenarbeit mit dem Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, eine Rekonstruktion mit Minirelais angefertigt. Das Verständnis der Z3, worüber Raúl Rojas 1998 ein Buch im Springer-Verlag herausgab, war ein wichtiger Schritt zur Entschlüsselung der Z1. Dies gelang schließlich durch die Analyse der Blaupausen und Unterlagen der Z1, die heute im Zuse-Nachlass im Deutschen Museum in München und im Archiv des Berliner Technikmuseums aufbewahrt werden. Prof. Rojas konnte 2013 die Architektur der Z1 in verschieden Aufsätzen erläutern. An der Freien Universität wurde auch - in Zusammenarbeit mit dem Konrad-Zuse-Zentrum und dem Deutschen Museum in München - ein Internetportal über die Z1 eingerichtet, die auch Simulationen der mechanischen Komponenten der Z1 enthält, sowie viele Bilder, die eine virtuelle Besichtigung ermöglichen. Die Simulationen wurden im Rahmen von Abschlussarbeiten von Studenten der Informatik angefertigt. Die virtuelle Besichtigung entstand in einer Kollaboration mit dem Projekt ,,Technology Enhanced Textbook" am Fachbereich Physik der Freien Universität.
Das Computermuseum in Kalifornien erhielt die andere Hälfte des Preises für ihre Rekonstruktion der IBM 1401, einer der wichtigsten elektronischen Rechenmaschinen in der Geschichte der Informationstechnik. Die feierliche Preisverleihung in London fand in den Räumen der British Computer Society, der Verein der Computerspezialisten in Großbritannien, statt.