Bonner Forschende klären, wie winzige Augenbewegungen und Dichte der Photorezeptoren beim scharfen Sehen helfen

Der Mensch kann seinen Blick auf ein Objekt fixieren und es dank eines kleinen Bereichs in der Mitte der Netzhaut scharf sehen. Dieser Bereich, die sogenannte Fovea, lateinisch für "Grube", besteht aus einem dicht gepackten Mosaik lichtempfindlicher Photorezeptorzellen, den farbsehenden Zapfen. Die Dichte dieser Zellen erreicht Spitzenwerte von mehr als 200.000 Zapfen pro Quadratmillimeter - auf einer Fläche, die etwa 200 Mal kleiner ist als eine Ein-Euro-Münze. Die winzigen fovealen Zapfen erfassen den für das Auge sichtbaren Teil der Umgebung und senden ihre Signale an das Gehirn. So ähnlich funktionieren auch Kamerasensoren, auf deren Oberfläche viele Millionen Fotozellen verteilt sind.
Es gibt jedoch einen wichtigen Unterschied: Anders als die Pixel eines Kamerasensors sind die Zapfen nicht gleichmäßig in der Fovea verteilt - jedes Auge hat ein einzigartiges Dichtemuster. Außerdem "sind unsere Augen im Gegensatz zu einer Kamera ständig und unbewusst in Bewegung", erklärt Wolf Harmening, Leiter des AOVision-Labors an der Klinik für Augenheilkunde am UKB und Mitglied des Transdisziplinären Forschungsbereichs (TRA) "Life & Health" der Universität Bonn. Diese winzigen Augenbewegungen treten selbst dann auf, wenn wir ein unbewegliches Objekt ganz ruhig anschauen. Dabei vermitteln sie feine räumliche Details, indem sie für ständig wechselnde Photorezeptorsignale sorgen, die vom Gehirn entschlüsselt werden müssen. Es ist bereits bekannt, dass eine Komponente dieser Fixations-Augenbewegungen, der sogenannte Drift, von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein kann und dass größere Augenbewegungen das Sehen beeinträchtigen können. Wie genau Drift-Augenbewegung jedoch mit den Photorezeptoren in der Fovea und unserer Fähigkeit, feine Details zu erkennen, zusammenhängt, wurde bisher nicht erforscht.
Mit hochauflösender Bildgebung und Mikro-Psychophysik

Augenbewegungen werden fein auf die höchste Zapfendichte abgestimmt
Die Studie ergab, dass der Mensch feinere Details wahrnehmen kann, als die Zapfendichte in der Fovea vermuten lässt. "Daraus schließen wir, dass die räumliche Anordnung der fovealen Zapfen die Auflösungsschärfe nur teilweise vorhersagt", berichtet Harmening. Darüber hinaus fanden die Forschenden heraus, dass die winzigen Augenbewegungen das scharfe Sehen beeinflussen: Während ein Objekt fixiert wird, sind die Driftbewegungen der Augen so ausgerichtet, dass sie die Netzhaut systematisch zur Struktur der Fovea bewegen. "Die Driftbewegungen brachten die visuellen Reize immer wieder in den Bereich, in der die Zapfendichte am höchsten war", erklärt Witten. Insgesamt zeigten die Ergebnisse, dass das Driftverhalten innerhalb weniger hundert Millisekunden an Netzhautbereiche mit höherer Zapfendichte angepasst wurde, was das scharfe Sehen verbesserte. Dabei spielten die Länge und Richtung dieser Driftbewegungen eine entscheidende Rolle.
Laut Harmening und seinem Team geben diese Ergebnisse Aufschluss über die grundlegende Beziehung zwischen der Physiologie des Auges und der Funktion des Sehens: "Zu verstehen, wie sich das Auge optimal bewegt, um scharf zu sehen, kann uns helfen, ophthalmologische und neuropsychologische Störungen besser zu verstehen und technische Lösungen zu verbessern, die das menschliche Sehen nachahmen oder wiederherstellen sollen, wie zum Beispiel Netzhautimplantate."