Sind hochentwickelte Demokratien inhärent instabil?
FRANKFURT. Die politischen Turbulenzen, die viele westliche Demokratien derzeit heimsuchen, lassen sich naturwissenschaftlich erklären: Claudius Gros, Professor für Theoretische Physik, macht in seiner Analyse das ungleiche Tempo von politischer Willensbildung und politischem Handeln dafür verantwortlich. Fernsehen, Mobiltelefonie, Internet - die moderne Kommunikation trägt dazu bei, dass sich der Prozess der politischen Meinungsbildung immer mehr beschleunigt. Die politischen Akteure und Institutionen hingegen brauchen unter Umständen noch immer Jahre, um auf die Bedürfnisse der Wähler einzugehen. "Aus der Theorie der dynamischen Systeme ist bekannt: In einer solchen Situationen wird der der Status quo unausweichlich instabil", sagt Prof. Claudius Gros vom Institut für Theoretische Physik der Goethe-Universität. In einer systemtheoretischen Analyse hat Gros ein Modell entwickelt, mit dem sich der Zustand der Demokratie als Funktion der Werte der Wähler bestimmen lässt. In diesem Modell reagieren die politischen Eliten typischerweise erst nach einer Verzögerung von bis zu einigen Jahren auf veränderte soziopolitische Konstellationen.
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