Zurück im Büro wartet bereits eine Medizinstudentin, die ein Dissertationsprojekt im Team von Philipp Backhaus starten möchte. Rund 30 Minuten tauschen sich die beiden über die Ziele, Fragestellungen und das methodische Vorgehen aus. Ende September kann sie starten. Im Anschluss bereitet sich der Oberarzt auf den nächsten Termin vor - die PET-Besprechung. Die Abkürzung steht für Positronen-Emissions-Tomographie und bezeichnet eine empfindliche Kamera, mit der die Verteilung radioaktiver Tracer im Körper für die Diagnostik sichtbar gemacht werden kann. Philipp Backhaus analysiert einige Patientenbilder, bevor sie im Team besprochen werden. "Der Technologiefortschritt in der medizinischen Bildgebung ist rasant. Wir können inzwischen viel früher und präziser beispielsweise Tumorzellen erkennen und passgenaue Therapien entwickeln", erklärt der Nuklearmediziner. Um 11 Uhr trifft er seine Assistenzärzte, um die Bilder genauer einzuordnen, Befunde und das weitere Vorgehen zu besprechen. Ein Fall wird länger diskutiert. Der Patient hat einen Hirntumor. Die aktuellen Bilder sollen nochmals mit älteren Befunden und Messdaten abgeglichen werden, weist Philipp Backhaus seinen Kollegen an.
Beinahe nahtlos folgt um 11.30 Uhr die Oberarztbesprechung. Vor allem interne Prozesse und Angelegenheiten wie Personalplanung, Budget und neue Geräte stehen heute auf der Agenda. Die Mittagspause verbringt der 36-Jährige mit einem Brötchen vorm Computer. "Ich weiß, dass das nicht ideal ist. Leider bleibt im Alltag oftmals keine Zeit für eine richtige Pause", gesteht er. Im Anschluss geht es mit dem Fahrrad den kurzen Weg zum EIMI, keine 500 Meter Luftlinie entfernt. Immerhin ein bisschen Bewegung an der frischen Luft.
Seine Arbeitsgruppe "Imaging Host Responses" befindet sich im Erdgeschoss des Multiscale Imaging Centres und hat ihre Arbeit im August aufgenommen - gleichzeitig mit der Ernennung von Philipp Backhaus zum Juniorprofessor. Als "Tenure-Track"-Professur ist diese mit der Zusage verbunden, dass sie nach einer sechsjährigen Bewährungsphase in eine Universitätsprofessur auf Lebenszeit umgewandelt wird. "Das ist eine aufregende Zeit und ich freue mich, hier am EIMI, wo ich schon seit 2017 forsche, jetzt meine eigene Arbeitsgruppe aufzubauen", betont er. Ein geplantes Experiment musste kurzfristig verlegt werden, weil ein entscheidender Mitarbeiter krank war. Das könne schon mal passieren, nicht alles sei planbar. Das gilt für die Forschung genauso wie für die Klinik.
Genug zu tun gibt es trotzdem. "Im Institut kann ich mich auf die Forschung konzentrieren. Es kommt nur selten vor, dass sich die Kollegen aus der Klinik melden", schildert Philipp Backhaus. Ausnahmen gebe es zwar ab und an - heute jedoch nicht. Es sei nicht selbstverständlich, dass Ärztinnen und Ärzten die Zeit zur Forschung ohne Wenn und Aber zur Verfügung gestellt werde. Die Medizinische Fakultät der Universität Münster und das UKM fördern und unterstützen in einem Clinician Scientist Programm diese besondere Doppelkonstellation auf allen Karrierestufen.
Bei einer Stippvisite im S2-Labor, einem Bereich, in dem gentechnische Arbeiten stattfinden, kontrolliert Philipp Backhaus einige technische Geräte, die in den kommenden Tagen für Experimente benötigt werden. Zudem hält er einen kurzen Plausch mit seiner Mitarbeiterin Dr. Cristina Barca Romero. Die Wissenschaftlerin bereitet Zellkulturen für einen geplanten Versuch vor. Kurz danach treffen die beiden wie jeden Montagnachmittag den Rest seines Teams. Die interdisziplinäre Gruppe setzt sich aus Medizinern, Biologen, Chemikern und Physikern zusammen. Philipp Backhaus erwähnt, dass der fächerübergreifende Austausch unerlässlich sei, um molekulare Vorgänge in Organismen, Geweben und Zellen zu verstehen und Therapien zu entwickeln.
Am späten Nachmittag schwingt sich der gebürtige Paderborner auf seine Leeze und fährt zu seiner Familie nach Aaseestadt. Zurzeit lebt er mit seiner Frau und den sechs Kindern auf einer halben Baustelle. "Wir renovieren unser Haus - vieles in Eigenregie." So bauen sie etwa den Kamin zurück und stemmen die Wände auf. "Das ist mein Sportprogramm für den Tag", schmunzelt Philipp Backhaus. Die Familie hat schon einiges zusammen erlebt, etwa die Zeit vor zwei Jahren in New York, als Philipp Backhaus als klinischer Fellow am Memorial Sloan Kettering Cancer Center arbeitete. "Mit fünf Kindern haben wir ein Jahr lang auf sehr engem Raum in Manhattan gelebt", erklärt er. Abends, wenn zu Hause die Kinder schlafen, komme es nicht selten vor, dass er sich nochmal auf den Weg ins Institut mache, denn "manchmal bleibt einfach was liegen." Philipp Backhaus mag zwar manchmal aus der Puste kommen, aber Klinik, Forschung und Familie zu jonglieren, scheint ihm gut zu gelingen.
Autorin: Kathrin Kottke
Serie ’Außeneinsatz’, Teil 8: Spagat zwischen Wissenschaft und Klinik meistern
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