Die International Days 2024 ermöglichten einen mehrtägigen Austausch mit renommierten internationalen Forschenden
Bei den International Days 2024 an der Universität Bonn drehte sich vom 15. bis 18. Oktober alles um die gemeinsame Bewältigung globaler Herausforderungen, die Stärkung internationaler Kooperationen und die Ehrung exzellenter Forschung. Neben der traditionellen Verleihung der Staatspreise und des DAAD-Preises lud das Prorektorat für Internationales zu Informationsveranstaltungen, Vorträgen und Workshops ein. Ein besonderes Highlight war die Keynote des Harvard-Professors Homi K. Bhabha, einem der wichtigsten Vertreter der postkolonialen Theorie.Der Vortrag des weltweit anerkannten Kulturtheoretikers zum Thema "The fragility of democracy: Is understanding racial trauma the key to resiliency’" stieß auf enormes Interesse. Im vollbesetzten Hörsaal 10 nahmen rund 650 Personen an der keynote lecture und der anschließenden Diskussion teil. Birgit Ulrike Münch, Prorektorin für Internationales, die Bhabha für die International Days gewinnen konnte, erläuterte in ihrer Einführung: ,,Mit Homi Bhabha konnten wir eine Forscherpersönlichkeit nach Bonn einladen, die durch ihr Engagement in der akademischen Forschung und Lehre sowie durch die internationale Ausstrahlung über einzelne akademische Disziplinen hinaus bereits zu Lebzeiten die Wissenschaftsgeschichte geprägt hat - und deren Texte und Theorien, etwa zum ,,third space", viele von uns seit dem Studium in den unterschiedlichsten Bereichen der Kulturwissenschaften stark geprägt und stimuliert haben."
Homi K. Bhabha - ein Vordenker der Geisteswissenschaften
Dass die große Wertschätzung auf Gegenseitigkeit beruht, betonte auch Bhabha: ,,Man sagt, wenn man sich verlieben will, soll man nach Paris fahren. Aber wenn man sich geliebt fühlen will, sollte man nach Bonn kommen." In seiner Keynote warf er einen Blick auf diverse Krisen und Konflikte, die derzeit weltweit die Demokratie gefährden - vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine bis hin zu rassistischer Polizeigewalt in den USA und dem Nahostkonflikt. ,,Die Welt verschont auch Universitäten nicht", erklärte er. Die Geisteswissenschaften und die Kunst können laut Bhabha aber einen wichtigen Beitrag leisten, Konflikte zu lösen. Denn sie ließen Gefühle zu, die dafür wichtig seien: Zweifel und Verletzlichkeit. Im Anschluss an die Keynote sprach der Harvard-Professor noch angeregt mit dem Publikum über seine Gedanken und Theorien.
Noch tiefer in Homi Bhabhas Werk stieg dann der Workshop ,,Third Space Turns 30: Revisit. Reflect. React’" ein. Hier diskutierte der Kulturtheoretiker gemeinsam mit Forschenden und Studierenden der Universität Bonn über den Einfluss seines Werkes, das vor 30 Jahren veröffentlicht wurde und einen Paradigmenwechsel in den Geisteswissenschaften bewirkt hat. Was ist unverändert geblieben, welche Narrative wurden weiterentwickelt, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus? über 100 Teilnehmende des Workshops fanden sich an fünf unterschiedlichen Thementischen ein, mit welchen Bhabha, einem Großschachmeister gleich, der mehrere Partien gleichzeitig bestreitet, jeweils einzeln sowie im Anschluss im Plenum eingehend seine Theorien aus unterschiedlichen Fächerperspektiven diskutierte.
Gleichberechtigte Kooperationen mit dem Globalen Süden stärken
Um gleichberechtigte Partnerschaften in der Süd-Nord-Süd-Zusammenarbeit drehte sich der Vortrag von Dorothea Kleine. ,,In diesen Zeiten könnte es nicht wichtiger sein, unser Wissen über Grenzen hinweg zu teilen", bekräftigte Prorektorin Münch in ihrer Einführung. Kleine, Professorin für Humangeographie an der University of Sheffield, berichtete anschließend von ihren jahrelangen Erfahrungen in der Kooperation mit Forschenden aus dem Globalen Süden. Zentral sei es hierbei, das (vermeintliche) Machtgefälle sowie die Unterschiede in den Wissenschaftssystemen zu berücksichtigen. Um die University of Sheffield zu einer besseren Partnerin für Forschende aus dem Süden zu machen, haben Kleine und ihr Team umfangreiches Material für Forschende an ihrer Hochschule zusammengestellt, etwa eine Liste mit den zentralen Akteur*innen in der Nord-Süd-Forschungszusammenarbeit sowie Anregungen zur Dekolonialisierung von Forschung. ,,Wichtig ist, dass wir voneinander lernen", betonte Kleine, die ihren Vortrag durch interaktive Elemente bereicherte.
Bonn University Ambassadors besuchen ihre Alma Mater
Einen integralen Bestandteil der International Days bildete auch in diesem Jahr wieder der Workshop der Bonn University Ambassadors - von Forschungspersönlichkeiten somit, die selbst längere Zeit an der Universität Bonn geforscht haben und nun an einer Universität im Ausland für diese als Botschafter*innen tätig sind. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt vertreten nicht nur ihre deutsche Alma Mater in ihren Heimatländern und informieren interessierte Studierende und Forschende über Studien-und Arbeitsmöglichkeiten in Bonn, sie sind auch durch gemeinsame Lehr- , Veranstaltungsund Forschungsformate in intensiven Austausch mit Bonner Wissenschaftler*innen oder stellen Kontakte ins Ausland her. Die jährlichen Zusammenkünfte demonstrieren ihre enge Bindung nach Bonn, vernetzen sie mit weiteren Mitgliedern der Universität, stoßen neue Programme in Lehre und Forschung an und stärken dadurch die inhaltliche Weiterentwicklung des Programms nachhaltig.
Dieses Mal waren Ambassadors von Universitäten unter anderem aus Jordanien, Ghana, Indien, Brasilien, Kanada, den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich nach Bonn gereist. ,,Insbesondere die diversen Perspektiven, aus denen wir Feedback zu unserer Arbeit an der Universität Bonn erhalten, etwa in diesem Jahr im Bereich Marketing und Recruitment, sind eine große Bereicherung", erklärte Prorektorin Münch. Ursprünglich als Projekt konzipiert, wurden die Bonn University Ambassadors inzwischen in ein längerfristiges Programm Überführt, das fester Bestandteil der Internationalisierungsstrategie der Universität Bonn ist.
Wissenschaftlicher Nachwuchs und renommierter Wissenschaftler durch Regierungsvertretungen geehrt
Nicht zuletzt wird im Rahmen der International Days auch immer exzellente Forschung ausgezeichnet. Dieses Jahr wurden sechs talentierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler geehrt: Die von den Regierungen Frankreichs, Spaniens, der USA und des Vereinigten Königreichs gestifteten Staatspreise erhielten Luis Manuel Ontiveros-Meza, Delphine Marie Wellié, Katharina Roth, Michelle Müller und Annalena Ebermann, der DAAD-Preis für gesellschaftliches Engagement ging an Hussein Morobeid. ,,Die Staatspreise sind uns ein sehr wertvolles Gut, ein Sinnbild für die Internationalität unserer Universität in der UN-Stadt Bonn und die Verbundenheit mit anderen Staaten", so Rektor Dr. Michael Hoch. Für die Verleihung kamen Vertreter*innen der stiftenden Regierungen und des DAAD nach Bonn, um die Preise persönlich zu Übergeben, die Preisträger*innen stellten ihre prämierten Arbeiten in Kurzpräsentationen vor.
Neben diesen Preisen, die traditionell bei den International Days vergeben werden, gab es dieses Jahr noch eine besondere Ehrung: Paul Geyer wurde der Ordre des Palmes Académiques verliehen. Der Romanist hat mit seiner Arbeit die deutsch-französischen Wissenschaftskontakte nachhaltig gefördert. ,,Paul Geyer hat sich stark um die Internationalität verdient gemacht. Dass er mit einer der ältesten und höchsten Auszeichnungen der französischen Regierung im Bereich Bildungswesen geehrt wird, erfüllt uns mit Stolz", bekräftigte Münch.
Die Prorektorin für Internationales, die mit ihrem Team das Programm der International Days 2024 auf die Beine gestellt hat, zieht denn auch eine durchweg positive Bilanz: ,,Sehr gefreut haben wir uns über den riesigen Zuspruch der International Days 2024. Ich denke es ist uns erneut gelungen, vielfältige Perspektiven zusammenzubringen und gemeinsam mit der Bonner Wissenschaftscommunity einen internationalen Austausch auf höchstem Niveau anzuregen. Wir konnten aus diversen Forschungsbereichen heraus nicht zuletzt den Kulturbegriff im Sinne Bhabhas als hybride, facettenreiche und vielstimmige Kategorie diskutieren und damit auch das große Potenzial unserer Fachdisziplinen in diesem Bereich reflektieren."