Philosophisches Seminar würdigt Kants 300. Geburtstag mit ungewöhnlicher Veranstaltungsreihe
Am 22. April 2024 wäre der Philosoph Immanuel Kant 300 Jahre alt geworden. Das Philosophische Seminar der Universität fragt zu diesem Anlass, wie lebendig er heute noch ist. Unter dem Titel "Kant get you out of my head" laden Angehörige des Seminars zu einer Reihe von Lesungen, Gesprächen und ungewöhnlichen Formaten in der ganzen Stadt ein. Los geht es mit einem Schadensersatzprozess am 16. April im Landgericht Münster - denn das deutsche Recht ist stark durch das Kantische Denken geprägt. In einer simulierten Gerichtsverhandlung werden Klägerin und Beklagter die Vorund Nachteile dieser Prägung in die Waagschale werfen und klären, welche Probleme uns Kant eingebrockt und welche er gelöst hat.Zum Philosophieren mit Songtexten lädt eine Matinée am 28. April ein ("Kant get no satisfaction!"). Am 6. Mai stimmen die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion ernstere Töne an. Unter dem Titel "Kant: Philosoph der Aufklärung und Vertreter von Racentheorien?" geht es um Passagen in Kants Werk, die eine Überlegenheit der nordeuropäischen "Race" postulieren, obwohl er andererseits die Würde und das friedvolle Miteinander der Menschen verfochten hat.
In anderen Veranstaltungen wird beispielsweise Kants Rolle für die Biologie oder die Gründung von Staatenbündnissen beleuchtet. Die Reihe mit weiteren Beiträgen mündet schließlich in "fröhliche Wissenschaft", einem Rezitationsabend am 9. und 11. Juli in der Studiobühne der Universität ("MISTER UnbeKANT - Spoken Phylosophie"), bei der die Besucher wichtige Zitate, kategorische Imperative und historische Fragezeichen erleben.
Wie viel Kant noch in unseren Köpfen steckt, davon kann sich in den nächsten Monaten also jeder selbst Überzeugen. Im Laufe des Sommers sollen außerdem an verschiedenen Stellen in der Stadt Denkblasen mit Zitaten aus Kants Werk angebracht werden, die genau dieses Nachund Mitdenken anregen wollen. Immanuel Kant hat sich zu vielen Themen pointiert geäußert. Manches davon gilt heute als selbstverständlich, anderes wiederum erscheint uns merkwürdig oder zweifelhaft.
Wer eine der Denkblasen im öffentlichen Raum entdeckt, ist eingeladen, das Zitat mimisch und gestisch in einem Selfie zu kommentieren und das Foto sowie Kommentare dazu mit dem Hashtag #FindetKant in den sozialen Medien zu teilen. Eine solche Stellungnahme dürfte mutmaßlich Immanuel Kants Anliegen entsprechen, dass jeder von seiner Vernunft öffentlich Gebrauch machen sollte.
Autorin: Brigitte Heeke
Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen