Goldmedaille für individuelle, passgenaue Fußorthese per 3D-Druck

Die Orthese wird digital optimal an den Fuß angepasst und dann vollständig 3D-ge
Die Orthese wird digital optimal an den Fuß angepasst und dann vollständig 3D-gedruckt. Foto: Niklas Hamann -Version

Ein Projekt an der Fakultät Kunst und Gestaltung forscht an Orthesen, die erst digital optimal an den Fuß angepasst und dann vollständig 3D-gedruckt werden. Das erleichtert betroffenen Patient*innen ihren Alltag sehr. Für ihr Projekt »Digitale Orthetik« wurden die beteiligten Wissenschaftler nun auf der Internationalen Fachmesse »Ideen, Erfindungen, Neuheiten« (iENA) mit Gold ausgezeichnet. Gefördert wurde das Projekt von Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft.

Jede*r elfte Erwachsene ist Diabetiker*in; Schätzungen zufolge sind weltweit 425 Millionen Menschen erkrankt. Einige der Betroffenen entwickeln ein sogenanntes Diabetisches Fußsyndrom, das, wenn es unbehandelt bleibt, zur Amputation des Fußes oder sogar zu lebensgefährlichen Komplikationen führen kann. Viele Menschen befinden sich deshalb in Dauerbehandlung und sind sehr eingeschränkt in den Aktivitäten des täglichen Lebens. Hier Abhilfe schaffen möchten Forscher an der Bauhaus-Universität Weimar.

Das Forschungsprojekt »Digitale Orthetik« lotet die Möglichkeiten der Verzahnung von digitalem Design und 3D-Drucktechnologie für die Herstellung von maßgeschneiderten Orthesen aus. Ziel ist es, diese neuartigen Entwurfsund Herstellungsverfahren in die Praxis zu Überführen. Daher arbeitet man an der Fakultät Kunst und Gestaltung eng mit dem Praxispartner Sanitätshaus Rosenkranz Scherer GmbH zusammen. »Wir konzentrieren uns auf Patient*innen mit diabetischem Fußsyndrom und Charcot-Fuß, einer schwerwiegenden Sonderform des Syndroms«, beschreibt Niklas Hamann, der das Projekt operativ durchführt und in diesem Bereich ebenso promoviert.

»Konventionell wird jede Orthese aufwendig per Hand gefertigt, um sie an den oft stark verformten Fuß anzupassen, was mehrere Tage dauert. Im Projekt nutzen wir eine vollständige digitale Prozesskette, die es ermöglicht, diese Herstellungszeit mehr als zu halbieren. Wir scannen den erkrankten Fuß und bearbeiten die digitalen Daten in einer virtuellen Entwurfsumgebung. Heraus kommen maßgeschneiderte Orthesen-Bauteile, die wir dann im 3D-Druckverfahren (Multi-Jet-Fusion) herstellen.«

Eine besondere Innovation des Projekts ist die dreiteilige Struktur der Orthese, die eine platzsparende und effiziente Produktion im 3D-Drucker ermöglicht. Diese Dreiteilung erleichtert außerdem das An- und Ausziehen und steigert damit den Komfort für die Patient*innen, was zusätzlich zum Therapieerfolg beiträgt. In mehreren Testläufen konnte die Wirksamkeit der Orthese erfolgreich nachgewiesen und sukzessive verbessert werden.

Die Orthese ist zudem modular aufgebaut: Weiche Polster aus TPU-Kunststoff, ebenfalls 3D-gedruckt, werden in die Außenschale geklemmt und sind jederzeit austauschbar. Das verlängert die Lebensdauer des Produkts und ermöglicht eine nachhaltige, getrennte Entsorgung. Zusätzlich verfügt die Orthese über eine speziell entwickelte Laufsohle, die nur durch acht Verbindungsstege befestigt ist. Diese Konstruktion sorgt für eine federnde, flexible Wirkung beim Auftreten und wirkt sich so positiv auf das Gangbild aus. Auch ästhetische Faktoren spielen im Entwurfsprozess eine wesentliche Rolle, um die Akzeptanz zu erhöhen und Stigmatisierung abzubauen.

Ein Video zur gesamten Prozesskette vom Scan bis zum Patiententest können Sie hier anschauen:
vimeo.com/1027244706

Das Projekt »Digitale Orthetik« wurde auf der »iENA« am Stand des Patentmanagement Thüringer Hochschulen präsentiert. Am Donnerstag, 12. Dezember 2024, findet zusätzlich die feierliche Übergabe der Goldmedaille in einer Auszeichnungsveranstaltung an der Technischen Universität Ilmenau statt.

Digitale Orthetik - Entwurf eines cyber-physikalischen Systems zur Individualisierung 3D-gedruckter Fußorthesen


Projektverantwortung­/-leitung: Jan Willmann, Prof. Andreas Mühlenberend
Operative Projektleitung: Niklas Hamann M.A.
Praxispartner: Rosenkranz Scherer GmbH

Gefördert durch:
Freistaat Thüringen, Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, Forschungsprogramm ProDigital Für Rückfragen steht Ihnen gern Niklas Hamann, künstlerischer Mitarbeiter an der Professur Industriedesign und Promotionsstudent, per E-Mail an niklas.hamann@uni-weimar.de zur Verfügung.