
Zum 1. Januar 2025 begrüßt die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste neun weitere herausragende Talente in ihrem Jungen Kolleg. Sie haben die Jury in einem mehrstufigen Auswahlverfahren überzeugt. Mit Lena Tacke (Lehrund Forschungsgebiet Religionspädagogik), Junior-Professorin Juliana Troch (Petrologie und Fluidprozesse) und Felix Martin (Architekturgeschichte) kommen drei der neun Stipendiatinnen und Stipendiaten von der RWTH.
Für die neuen Mitglieder ist die Aufnahme in das Stipendienprogramm der Akademie eine wichtige Auszeichnung: Das Junge Kolleg bietet sowohl finanziellen Freiraum für die eigene Forschung und Kunst in Form eines jährlichen Stipendiums von 10.000 Euro als auch die Möglichkeit zum Austausch mit anderen exzellenten jungen Forscherinnen und Forschern sowie Künstlerinnen und Künstlern.
Seit 2006 fördert die Akademie mit dem Jungen Kolleg den Nachwuchs in Nordrhein-Westfalen und zählt mittlerweile rund 190 aktive, assoziierte und ehemalige Stipendiatinnen und Stipendiaten. Das Junge Kolleg steht Promovierten sowie herausragenden künstlerischen Talenten offen, die nicht älter als 36 Jahre sind. Voraussetzung für die Mitgliedschaft sind zusätzlich zur Promotion herausragende wissenschaftliche oder künstlerische Leistungen.
Mit der Aufnahme in das Junge Kolleg ist die Chance verbunden, an allen Veranstaltungen der Akademie und vor allem an den Sitzungen der vier Klassen teilzunehmen. Bei diesen Veranstaltungen begegnen sich einige der Besten ihrer Fächer, junge wie etablierte Forschende und Kunstschaffende, deren Wege sich sonst nicht kreuzen würden. Vertreten sind die Geisteswissenschaften, die Naturwissenschaften und die Medizin, die Ingenieurund Wirtschaftswissenschaften - sowie die Künste, eine Besonderheit der Nordrhein-Westfälischen Akademie.

Zwei der neuen Stipendienplätze werden in diesem Jahr durch die Zusammenarbeit der Akademie mit der Landesrektorenkonferenz unter dem Dach von Humboldtn ermöglicht. Die Universitäten haben sich unter der Überschrift Humboldtn zusammengeschlossen, um ein landesweites Nachhaltigkeitskonzept zu entwickeln.
Kurzvorstellung der RWTH-Forschenden
Dr. Lena Tacke Die Auseinandersetzung mit Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), wie sie von den Vereinten Nationen mit der ,,Agenda 2030" (UN 2015) angestrebt wird, bietet Räume der interdisziplinären Reflexion, etwa im Feld der Theologie, (Religions-)Pädagogik, Sozialethik und Anthropologie. Sie verschränkt Diskurse um sozial-ökologische Transformation, Gerechtigkeit und Partizipation. Angezielt ist dabei die Initiation von Transformationsprozessen im Bildungskontext. Religiöse BNE nimmt die Herausforderungen von Klimakrise und nachhaltiger Entwicklung als Kontext einer religiösen Selbstund Weltdeutung ernst. Dafür sind insbesondere Selbstund Wirklichkeitskonstruktionen von Lehrkräften ausschlaggebend, weil diese handlungsleitend sein können. Daher richtet sich ihr Forschungsinteresse auf die Rekonstruktion von Zukunftsbildern und -perspektiven im Kontext einer Bildung für nachhaltige Entwicklung, um Bildungsprozesse sowohl praxisbezogen als auch bildungstheoretisch neu zu denken.Nach dem Studium der Germanistik und der Katholischen Theologie an der WWU Münster promovierte Dr. Lena Tacke ebendort zu bildtheologischen Fragestellungen. Als Promotionsstipendiatin des Cusanuswerks absolvierte sie Forschungsaufenthalte in den USA und der Schweiz. Ihre verschiedenen schulpraktischen Erfahrungen motivierten sie, religionspädagogische und interdisziplinäre Forschungsprojekte zu Bildung für nachhaltige Entwicklung durchzuführen. Als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Dortmund in ihrem Habilitationsprojekt und als Professurvertreterin an der Universität zu Köln sowie derzeit an der RWTH Aachen hat Dr. Tacke sich vertieft mit Forschungen zu nachhaltiger Entwicklung im Bildungskontext beschäftigt. Für die interdisziplinäre Bearbeitung des Fragekomplexes wurde sie u.a. von der Universitätsallianz Ruhr, der Stiftung Mercator sowie der TU Dortmund gefördert und 2023 mit dem Landeslehrpreis NRW ausgezeichnet.
Für die Aufnahme ins Junge Kolleg ist sie sehr dankbar ,,weil es auch eine Chance ist, noch stärker als bislang interdisziplinär zu arbeiten und sich zu vernetzen." Besonders sei, dass nicht nur die Wissenschaften, sondern auch die Künste in der Akademie vertreten seien. Und natürlich sei sie auch sehr stolz auf die Aufnahme, ,,da es eine Wertschätzung der eigenen Arbeit bedeutet", so Lena Tacke.
Juniorprofessorin Juliana Troch Juliana Trochs geowissenschaftliche Forschung liegt im Schnittfeld von Petrologie, Geochemie, Vulkanologie und Lagerstättenkunde. Die Juniorprofessorin untersucht die Rolle von Wasser und volatilen Komponenten (z.B. CO2, Lithium, Halogene) auf das Verhalten von magmatischen Systemen. Insbesondere interessiert sie, wie diese das Eruptionsverhalten von Vulkanen steuern, den chemischen Austausch zwischen Magma und Erdkruste beeinflussen und zur Bildung von Lagerstätten in magmatisch-hydrothermalen Systemen führen. Dabei kombiniert sie Geländestudien mit Mikroanalytik, Hochtemperatur-/Hochdruckexperimenten, sowie thermodynamischen und thermomechanischen Modellierungen. Gemeinsam mit Partnern konnte sie zeigen, dass Wasser die Assimilation von Umgebungsgestein ins Magma begrenzt, CO2 im Magma die Eruptivität von Vulkanen nicht signifikant erhöht und magmatische Systeme wie Yellowstone chemisch angereicherte Bereiche enthalten, die mit pegmatitischen Lithiumund Seltenen-Erd-Lagerstätten vergleichbar sind.

Seit September 2022 leitet Juliana Troch als Juniorprofessorin den Lehrund Forschungsbereich Petrologie und Fluidprozesse an der RWTH Aachen. Vorher war sie für drei Jahre als Postdoctoral Researcher in den USA tätig, zunächst an der Brown University (Providence, Rhode Island) und dann als Peter Buck Postdoctoral Fellow am Smithsonian National Museum of Natural History in Washington DC. Ihr Doktorat und Masterstudium hat Juliana Troch in der Schweiz an der ETH Zürich absolviert, nachdem sie ihr Bachelorstudium an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel abgeschlossen hatte. Ihre Arbeiten sind in 18 per Peer-review begutachteten Studien publiziert worden (davon acht als Erstautorin) und wurden mit der Paul-Niggli-Medaille der Schweizerischen Geologischen Gesellschaft, der ETH-Silbermedaille für herausragende Promotionsarbeiten und dem Beate-Mocek-Preis der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft ausgezeichnet. Für ihr Engagement in der Lehre wurden ihr zwei Preise der RWTH Fachschaft Georessourcen verliehen.
Nun freut sie sich darauf, dass ihr die Aufnahme ins Junge Kolleg die Möglichkeit gibt, ihre sehr grundlagenorientierte Forschung ,,in einen breiteren gesellschaftlichen Kontext einzubetten, eben über die Geowissenschaften hinaus". Durch die Anknüpfung an andere wissenschaftliche Fachbereiche ,,ist das eine sehr gute Gelegenheit, aus dem Elfenbeinturm herauszukommen", so Juliana Troch.
Dr. Felix Martin Felix Martin ist Architekturhistoriker, Mitbegründer des Architekturbüros smaa.studio in Aachen sowie Redaktionsmitglied der Open-Access-Zeitschrift archimaera und Teil des Projektteams von baureka.online. Nach einem Studium der Architektur an der RWTH Aachen und der Dublin School of Architecture (2009-16) folgten Lehrund Forschungsaufenthalte an der School of Architecture at Taliesin, der Hochschule Biberach sowie am Warburg Institute London und Trinity College Dublin (2017-21). Seine 2022 verteidigte und mehrfach ausgezeichnete Dissertation wurde durch den DAAD und die Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert. Als Postdoktorand am Lehrstuhl für Architekturgeschichte der RWTH Aachen (seit 2021) forscht er zur Antikenrezeption in der Frühen Neuzeit und zur westdeutschen Nachkriegsmoderne. Mit seinen Studierenden und seinem Architekturbüro widmet er sich zudem dem Thema des Bauens im Bestand und setzt sich für die Umnutzung von leerstehenden Gebäuden in Aachen ein. ,,Ins Junge Kolleg der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste aufgenommen zu werden, ist eine große Ehre. Am meisten freue ich mich auf die Möglichkeit, mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus anderen Disziplinen in den Austausch treten zu können. Und ganz pragmatisch bedeutet es, dass ich durch die finanzielle Förderung mehr Zeit für meine Forschung habe."
Die Forschungsschwerpunkte von Felix Martin umfassen die objektbezogene Architekturgeschichte, die Digital Humanities sowie das Bauen im Bestand. Ausgehend von Schlüsselwerken vornehmlich des 18. und 20. Jahrhunderts entwickelt er in seinen Forschungen jeweils kulturhistorische Perspektiven, die zu einem vertieften Verständnis des Bauwerks und seines kulturellen Kontextes führen. Zudem ist er im Rahmen des Projekts baureka.online für einen nachhaltigen Umgang mit Forschungsdaten der Historischen Bauforschung und Denkmalpflege engagiert. Die wissenschaftliche Erforschung und digitale Dokumentation historischer Bauwerke - auch der jüngeren Vergangenheit - dient deren Valorisierung und unterstützt somit den kulturellen Wandel im Umgang mit der gebauten Umwelt. In Forschung, Lehre und Praxis setzt sich Felix Martin deshalb für eine neue Umbaukultur als Teil der Transformation zu einer ressourcenschonenden Gesellschaft ein, denn der Umbau ist die mit Abstand nachhaltigste Form des Bauens.