Wie steht es um den Zusammenhalt der Menschen in Stadt und Landkreis Würzburg? Darum dreht sich eine Befragung, die ein Team der Universität mit der Smarten Region Würzburg durchführt.
Angesichts sich verstärkender multipler Krisen (z.B. durch Klimawandel, Biodiversitätsverlust, Verschmutzung und Pandemien) und tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel (z.B. durch Digitalisierung) haben sich sowohl die globalen wie auch die lokalen Strukturen in den letzten Jahren stark verändert. In diesem Kontext stellen sich vielfältige Fragen zur sozialen Resilienz von Gesellschaften.
,,Wir verstehen soziale Resilienz als die Fähigkeit einer Gemeinschaft, in Krisen ihr Funktionieren und ihren gesellschaftlichen Zusammenhalt beibehalten zu können, sich an aktuelle Herausforderungen anzupassen und ihre Strukturen nachhaltig zu transformieren, um ihren Umgang mit zukünftigen Veränderungen langfristig zu verbessern", sagt Ulrike Zeigermann, Juniorprofessorin für sozialwissenschaftliche Nachhaltigkeitsforschung an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg.
Soziale Resilienz wird der Professorin zufolge durch verschiedene Aspekte geprägt, deren Wechselwirkungen bisher jedoch unzureichend verstanden seien: Es fehle unter anderem an empirischen Studien, um die Chancen und Risiken der Digitalisierung für die soziale Resilienz zu bewerten. Zudem seien die unterschiedlichen Fähigkeiten von städtischen und ländlichen Gemeinschaften bei der Bewältigung von Krisen bisher kaum untersucht worden.
Um die soziale Resilienz in Stadt und Landkreis Würzburg zu erforschen, ist im September 2023 das Projekt ,,Wir in Würzburg - Befragung zum Zusammenhalt in Stadt und Landkreis" gestartet. In dieser Forschungskooperation arbeitet das interdisziplinäre Forschungsteam unter der Leitung von Ulrike Zeigermann mit Vertreterinnen und Vertretern der Smarten Region Würzburg zusammen, einem gemeinsamen Projekt von Stadt und Landkreis Würzburg mit dem Leitmotiv ,,Soziale Resilienz - Menschlich aus der Krise".
Befragung der Bürgerinnen und Bürger ab März 2024
Im März 2024 startet im Rahmen des Projekts nun eine Befragung von 8.000 Personen. Über eine Zufallsauswahl ermittelte Bürgerinnen und Bürger über 15 Jahren aus Stadt und Landkreis Würzburg werden darin unter anderem gebeten zu berichten, welche gesellschaftlichen Herausforderungen sie derzeit besonders wahrnehmen und wie gut sie sich auf diese in ihrer Gemeinschaft sowie durch öffentliche Angebote vorbereitet fühlen.
Die Auswahl der Teilnehmenden erfolgte über die Einwohnermeldeamtsregister der Stadt Würzburg sowie der Kommunen des Landkreises Würzburg. Die mittels repräsentativer Stichprobe ausgewählten Personen werden per Post kontaktiert und erhalten einen schriftlichen Fragebogen, der ausgefüllt kostenfrei an das Projektteam zurückgesendet werden kann. Alternativ kann der Fragebogen über einen individuellen Link online ausgefüllt werden.
,,Wenn Sie den Fragebogen in Ihrem Briefkasten finden, nehmen Sie bitte an der Umfrage teil!", appelliert Oberbürgermeister Christian Schuchardt an die Bürgerinnen und Bürger. ,,Die gesammelten Daten werden nicht nur für die aktuelle Analyse verwendet, sondern dienen als Grundlage für eine zweite Befragung im Jahr 2026. Dadurch können wir Entwicklungen im Zusammenhalt und in der Gemeinschaft der Region Würzburg über einen Zeitraum von zwei Jahren verfolgen." Die Teilnahmebereitschaft der Bürgerinnen und Bürger sei der entscheidende Faktor für den Erfolg des Projekts.
Soziale Resilienz in der Smarten Region Würzburg
Projektleiterin Ulrike Zeigermann erläutert die Ziele der Befragung: ,,Wir wollen verstehen, wie sich die Befragten mit Informationen versorgen, um sich auf Krisen vorzubereiten und zu reagieren. Ebenso interessiert uns, inwieweit sich die Bürgerinnen und Bürger als Teil einer unterstützenden Gemeinschaft erleben und wie sie Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen."
Ein Verständnis der sozialen Resilienz in der Smarten Region Würzburg ist aus verschiedenen Gründen von Bedeutung: Die Ergebnisse der Umfrage sollen in Stadt und Landkreis Würzburg aktuelle Erkenntnisse darüber liefern, wie widerstands-, anpassungsund transformationsfähig die Gesellschaft hier ist. Sie sollen aber auch zeigen, welche Verbesserungspotenziale zur Gestaltung des öffentlichen Raumes bestehen; wie lokale Unterstützungsnetzwerke und Informationen zur Vorbereitung und Reaktion auf Krisen helfen und welche öffentlichen Maßnahmen für eine zukunftsorientierte Entwicklung erfolgreich sein können.
Soziale Resilienz und Nachhaltigkeit
Resilienzforschung bedeutet auch sozialwissenschaftliche Nachhaltigkeitsforschung. Zum einen geht es bei gesellschaftlichen Anpassungen und Veränderungen im Kontext von aktuellen und zukünftigen Krisen auch um die Frage, wie sozial nachhaltig diese sind und welche Bevölkerungsgruppen diese zum Beispiel durch ehrenamtliches Engagement oder durch politische Beteiligung mitgestalten (können).
Zum anderen stellt sich vor dem Hintergrund des Klimawandels immer dringender die Frage, wie sich Gesellschaften ökologisch nachhaltig entwickeln. Ulrike Zeigermann meint dazu: ,,Soziale Resilienz hat auch eine Bedeutung für eine zukunftsorientierte und nachhaltige Regionalwicklung. Die Erforschung sozial-ökologischer Transformationsprozesse in Regionen gehört zu den Kernkompetenzen unseres Forschungsteams."
Mit dem Projekt unterstreicht die JMU ihren Anspruch auf eine Vorbildrolle in der Stärkung von Nachhaltigkeit. Für die Stadt Würzburg soll die Befragung wichtige Erkenntnisse liefern für die Umsetzung ihrer ,,Strategie der Smarten Region Würzburg zur Stärkung der sozialen Resilienz" mit dem Leitmotiv ,,Menschlich aus der Krise".
Thematik fließt in die Lehre an der JMU ein
Das Projekt wird von den unterschiedlichen Perspektiven der Beteiligten profitieren. Die Thematik ,,Soziale Resilienz in der Smarten Region Würzburg" wird auch in die Lehre am Institut für Politikwissenschaft und Soziologie der JMU integriert. Das stärkt zum einen die forschungsorientierte Lehre: In ihrem empirischen Forschungspraktikum haben sich Studierende unter der Leitung von Doktorin Laura Zapfe, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Methoden der Quantitativen Empirischen Sozialforschung, beispielsweise mit Einflussfaktoren auf die soziale Resilienz der Würzburger Bevölkerung befasst, Fragestellungen entwickelt und Hypothesen formuliert. Zum anderen können Studierende im Master ,,Sozialwissenschaftliche Nachhaltigkeitsforschung" theoretische Fragen an der Schnittstelle von Digitalisierung und sozialer Resilienz im Rahmen von Seminaren praxisnah und mit Bezug zu ihrer Region untersuchen.
Wissenschaftliche Analysen versprechen nicht nur einen Mehrwert für die wissenschaftliche Gemeinschaft, sondern geben auch Einblicke und Impulse für die öffentlichkeit und politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger. Landrat Thomas Eberth unterstreicht die Bedeutung der Befragung: ,,In einer Zeit, in der das gesellschaftliche Miteinander immer wieder vor neuen Herausforderungen steht, ist es umso wichtiger, ein tiefgreifendes Verständnis für das aktuelle Gemeinschaftsgefühl unter unseren Bürgerinnen und Bürgern zu entwickeln. Unser Ziel ist es, auf Grundlage dieser Erkenntnisse effektive Maßnahmen zu ergreifen, die nicht nur unser Miteinander stärken, sondern auch die Lebensqualität in unserer Region nachhaltig verbessern."