Forschungsteam imitiert natürliche Molekülstrukturen / Neue Möglichkeit der Impfstoff-Entwicklung

Die Einführung von Fluor in die natürliche Molekülstruktur bringt viele Vorteile mit sich, angefangen bei der Vereinfachung der Synthese und Analyse bis hin zur Verbesserung der metabolischen Stabilität, also der Resistenz gegenüber dem Abbau durch Stoffwechselprozesse. In dieser Machbarkeitsstudie wiesen die Wissenschaftler die Wirksamkeit der Leitstruktur in Zellkulturtests und bei Mäusen nach.
Zur Herstellung der Impfstoff-Leitstruktur ahmte das Team den molekularen Fingerabdruck des bakteriellen Kapselpolysaccharid-Epitops nach ("molekulare Mimikry"). Diese Polysaccharide bilden eine Hülle um die Bakterien, und ihre einzigartige Struktur ermöglicht es, dass sie als sogenannte Antigene gezielt von der Immunreaktion angesprochen werden. Diese hochspezifische Form der molekularen Erkennung ist die Grundlage für einen Impfstoff. Das Team synthetisierte eine molekulare Struktur, die dem Epitop auf der Oberfläche der natürlichen Polysaccharid-Kapsel sehr ähnlich ist, und kombinierte sie mit einem Trägerprotein. Weitere Untersuchungen zeigten, dass dieses Epitop-Analogon bei Mäusen eine Immunreaktion gegen die Serogruppen B und C auslösen kann.
Die Synthese des Zielmoleküls - ein difluoriertes Analogon des in der Natur vorkommenden α-(2,9)-Sialinsäure-Epitops - erforderte 16 Schritte und wurde von Christina Jordan und Doktorandin Kathrin Siebold am Institut für Organische Chemie der Universität Münster durchgeführt. "Es hat viele Vorteile, das Schlüsselmolekül durch eine präzise Synthese herzustellen, anstatt es aus biologischen Quellen zu isolieren. Der offensichtlichste ist, dass die Synthese skaliert werden kann und man sicher sein kann, dass der Impfstoff nur die gewünschte Molekülstruktur enthält", sagt Ryan Gilmour. "Die genaue Zusammensetzung ist bekannt und analytisch validiert. Außerdem ist die Methode schneller und günstiger als die Isolierung von nativem Kapselpolysaccharid. Wir glauben, dass dies bedeutende Verbesserungen sind. Wir sind sehr begeistert, dass diese fluorierten Moleküle so wirksame -Nachahmer’ sind und dass wir in unserer Forschung diesen Translationspunkt erreicht haben. Ich denke, es unterstreicht die gesellschaftliche Relevanz interdisziplinärer Forschung an der Schnittstelle zwischen Chemie und Biologie."

Der Europäische Forschungsrat (ERC Consolidator Grant 818949) und die Max-Planck-Gesellschaft unterstützten die Arbeiten finanziell.
Originalveröffentlichung
C. Jordan, K. Siebold, P. Priegue, P. H. Seeberger and R. Gilmour (2024): A Fluorinated Sialic Acid Vaccine Lead Against Meningitis B and C. J. Am. Chem. Soc. 2024; DOI: 10.1021/jacs.4c03179