
Die konfliktreiche Beziehung zwischen Höhlenbär und Mensch wird nun erstmals über diesen langen Zeitraum in Deutschland von einem Forscherteam der Universität Tübingen, der Universität Göttingen, des Senckenberg Centres for Human Evolution and Palaeoenvironment und der Landesämter für Denkmalpflege Baden-Württemberg und Niedersachsen dokumentiert. Die Forschenden können die lang umstrittene Frage beantworten, ob der Klimawandel oder auch der Mensch Ursache für das Aussterben des Höhlenbärs war. Ihre Studie belegt durch Funde eine immer intensiver werdende Jagd auf den Höhlenbären und legt somit auch den Menschen als Ursache für das Aussterben des Höhlenbären nahe. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Quarternary Science Reviews erschienen.
,,Der Mensch machte sich den Höhlenbären auf vielfältige Weise zunutze: er aß sein Fleisch, fertigte Kleidung aus dem Fell, trat auch in eine symbolische Beziehung mit dem Tier über Schmuckstücke aus dessen Zähnen oder Bärenfiguren aus Elfenbein", sagt Giulia Toniato, die Koordinatorin des Forscherteams. Die Forschenden untersuchten fünf Fundorte in Deutschland (Schöningen, Einhornhöhle, Hohle Fels, Geißenklösterle, Schafstall), in denen Knochen des Höhlenbären über einen Zeitraum von 300.000 bis 28.000 Jahren vor heute nachweisbar sind, und setzten sie in Beziehung zu bestehenden Studien über Funde von Bärenknochen in Frankreich, Belgien, Italien, Bulgarien und Polen. In Deutschland ist eine der ältesten Nachweise der Nutzung des Höhlenbären durch den Menschen aus der Freilandstation Schöningen in Niedersachsen bekannt: Feine, lange Schnittspuren auf Tatzenknochen, die sich deutlich von Bissspuren großer Raubtiere unterscheiden, lassen eindeutig darauf schließen, dass der Mensch Hand anlegte, um dem Bären das Fell abzuziehen.

Die genetische Vielfalt der Höhlenbären ging bereits vor 50.000 Jahren zurück, als noch Neandertaler durch Europa streiften. Mit dem Einzug des Homo sapiens erhöhte sich die Konkurrenz um den Lebensraum Höhle und gleichzeitig der Jagddruck. Die jüngsten Funde von Höhlenbärenknochen sind 24.000 Jahre alt und wurden in Norditalien entdeckt. Danach verliert sich seine Spur.
,,Höhlenbären haben also die Zeit der Maximalvereisung vor 20.000 Jahren nicht Überlebt, Braunbären dagegen schon. Der Grund ist die unterschiedliche Ernährung der beiden Bärenarten, denn Höhlenbären haben sich ausschließlich vegetarisch ernährt. Die vegetationsarme Winterzeit mussten sie durch ihre Winterruhe Überbrücken, in der auch die Jungbären geboren wurden. Braunbären hingegen waren Fleischfresser, solange sie Zeitgenossen der Höhlenbären waren. Nach der Maximalvereisung und dem Aussterben der Höhlenbären erweiterten sie ihr Spektrum auf hauptsächlich pflanzliche Nahrung. Das bedeutet, dass sich Braunbären besser an die veränderten Umweltbedingungen angepasst haben", so Münzel.