Göttinger Forschungsteam beteiligt sich an umfassender Studie mit Analyse zu Kohlenstoffvorräten
Wie reagieren der tropische Regenwald und seine Pflanzen auf extreme Dürre? Diese Prozesse zu verstehen, ist maßgeblich, um Wälder widerstandsfähiger gegen zunehmende Trockenheit im Klimawandel zu machen, und auch um Klimamodelle weiter präzisieren zu können. Ein Forschungsteam unter Leitung der Universität Freiburg hat zu dieser Frage nun das bislang umfassendste Experiment durchgeführt. Dafür hat es einen künstlichen Regenwald neuneinhalb Wochen lang Dürre ausgesetzt und beobachtet, welche Strategien unterschiedliche Pflanzen gegen die Trockenheit anwenden und wie sie dabei mit anderen Pflanzen, dem Boden und der Atmosphäre interagieren. Die Universität Göttingen hat sich mit der Analyse der Kohlenstoffvorräte im Boden beteiligt. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Science erschienen.
80 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beteiligten sich an dem Experiment im US-Forschungszentrum Biosphere 2. Sie beobachteten unter anderem, dass die Kohlenstoffspeicherung des Waldsystems sich um circa 70 Prozent verringerte. Das Team der Universität Göttingen hat untersucht, wie sich dies auf die Kohlenstoffvorräte und -umsätze im Boden auswirkt. -Unser Göttinger Team erforschte die veränderten Interaktionen von Wurzel, Boden und Mikroorganismen unter Trockenstress-, sagt Michaela Dippold aus dem Bereich Biogeochemie der Agrarökosysteme.
Das Ergebnis: Die Pflanzentypen reagieren auch unter der Oberfläche äußerst verschieden auf Dürre. Manche erhöhen ihren Feinwurzelanteil, andere bilden neue Wurzeln in der Tiefe und wieder andere erhöhen vor allem die Wurzelausscheidungen in den tiefen, noch feuchten Bodenhorizonten, um von dort die Wasserund Nährstoffaufnahme sicherzustellen. Solche Veränderungen von Wurzel und wurzelnahem Raum - der Rhizosphäre - beeinflussen das Bodenmikrobiom und darüber alle Prozesse des Bodenkohlenstoffkreislaufes.
Insgesamt wurde ein komplexes Zusammenwirken von unterschiedlich dürreresistenten Bäumen und Pflanzen sichtbar, das ausschlaggebend dafür war, die Stabilität des gesamten Waldsystems so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Die Forschenden identifizierten in ihrem Experiment vier Pflanzentypen mit unterschiedlichen Reaktionen auf die erzeugte Dürre: trockentolerante und trockenheitsempfindliche - und in diesen beiden Kategorien große, kronenbildende Bäume sowie Unterwuchsarten.
-Eine der erstaunlichsten Reaktionen beobachteten wir zwischen den großen, trockenheitstoleranten und -empfindlichen Bäumen-, erläutert Christiane Werner von der Universität Freiburg. Die empfindlichen sind diejenigen, die generell am meisten Wasser verbrauchen, insbesondere aus dem Oberboden. Da dieser auch am schnellsten austrocknete, litten sie am schnellsten und am intensivsten am Wassermangel. Zu vermuten sei gewesen, dass sie umgehend auch die Wasserressourcen im tiefen Boden anzapfen, um ihren hohen Verbrauch aufrecht zu erhalten.
-Stattdessen aber-, so Werner, -drosselten sie ihren Wasserverbrauch drastisch und griffen erst unter sehr extremer Dürre auf ihre Tiefwasserreserven zurück. Damit schonten sie möglichst lange die tiefliegenden Wasserreserven, auch für die trockenheitstoleranten Bäume.- Diese erhielten durch ihren ohnehin geringeren Wasserdurchfluss länger ihr Blätterdach, was wiederum eine längere Feuchtigkeit im Unterwuchs bewirkte. Der so geschonte Unterwuchs wirkte der Austrocknung im Oberboden entgegen, von dem die trockenheitsempfindlichen Bäume stark abhängen. Das Wasser blieb durch das komplexe Zusammenwirken also länger im gesamten System und das System damit länger stabil.
Originalveröffentlichung: Christiane Werner et al. Ecosystem fluxes during drought and recovery in an experimental forest. Science 2021. www.science.org/doi/10.1126/science.abj6789 .
Die Strategien des Waldes bei extremer Dürre
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